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Supervision
Wenn Sie überlegen, Supervision für sich oder Ihr Team in Anspruch zu nehmen, dann tauchen für mich Fragen auf:
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Was erwarten Sie von einer guten/passenden/hilfreichen/lohnenden Supervision?
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Was erwarten Sie von einem/einer guten/passenden Supervisor*in?
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Was erwarten Sie von mir?
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Solche Fragen und mehr noch Ihre Antworten darauf sind mir wichtig; (meistens stelle ich sie – in der einen oder anderen Variante - , wenn ich mich vorstelle - häufig ergänzt durch weitere Fragen).
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Ich stelle diese (und andere) Fragen,
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weil ich mich – in meiner supervisorischen, beraterischen Tätigkeit als eine (besondere) Art eines Dienstleisters verstehe: Es geht um Sie und um Ihre Anliegen – und ich schaue, ob und wie ich Sie unterstützen kann.
Ich stelle diese (und andere) Fragen
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weil es mir wichtig ist, mit Ihnen – dialogisch, in enger Abstimmung – das zu beleuchten oder zu , was Ihnen – auf Arbeit - (oder was Ihrer Organisation, die den Auftrag gab) wichtig ist, was Sie gerade im Moment beschäftigt, was Ihnen jeweils „unter den Nägeln brennt“ – bei Ihrer Arbeit mit Ihren Klienten, Patienten, zu Betreuenden, mit Ihren Kunden bei Ihrem Miteinander „auf Arbeit“.
Bearbeiten – das kann bei Ihnen „heftig“ ankommen. Es kann Assoziation nach Strenge und bitterem Ernst hervorrufen. Ich benutze dieses wort, weil mir in meiner Arbeit wichtig ist, dass Sie!!!! durch die supervisorische Arbeit mit mir „etwas bekommen“, dass Sie Ihren „Ertrag“ mitnehmen.
Durch Supervision – so ein alter Grundsatz – sollen Sie
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​Ihrer jeweiligen Situationen und
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neue Handlungsoptionen
erfahren und zwar in einer wohltuenden, stärkenden Atmosphäre. Auch wenn Supervision das oben angesprochene bewirken soll, so ist Supervision in mehrerlei Hinsicht immer auch ein Schutzraum: Supervision ist ohne jeden Zweifel auf den Arbeitsalltag ausgerichtet, gleichwohl unterscheidet sie sich deutlich von diesem.
Und so verbinde ich mit „bearbeiten“ mehrerlei:
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Ich achte darauf, dass die in den Blick genommen werden, dass gemeinsam „geschaut“ wird, wie Sie „besser“, passender (erwartungsgemäßer), professioneller, zufriedenstellender handeln können, was Ihre jeweiligen „Lösungen“ sein können.
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Ich verbinde damit auch, dass Sie– zunächst - die Situationen und Dynamiken, in denen Sie stecken (und an denen Sie mitwirken!!!!), gemeinsam mit anderenund dass sich anzuschauen - wenn Sie es möchten -, was diese Situationen und Dynamiken mit Ihnen machen, was diese Dynamiken bei Ihnen auslösen, wie Sie gefühlsmäßig darauf reagieren.
Bei den Versuchen zu verstehen, ist es mir sehr wichtig, davon auszugehen, dass es immer ein Außen (Ihr jeweiliger „Kontext“) und ein Innen (Ihre Persönlichkeit und Ihre Art, wie Sie mit dem Außen in Kontakt treten) gibt und beides gibt es nicht ohne das Andere! Dies mögen abstrakte Sätze sein, sie werden in einer Supervision sehr konkret.
Wo auch immer Sie arbeiten, Ihre „Welt“ ist mir ein ganzes Stück weit „fremd“ und unbekannt – auch wenn ich meine umfangreichen Feldkompetenzen aus ganz unterschiedlichen Zusammenhängen (in denen ich entweder selbst beruflich tätig war oder in denen ich schon supervisorisch gearbeitet habe) einbringe. Vor dem Hintergrund eben dieser Kenntnisse und Erfahrungen versuche ich die Besonderheiten Ihrer jeweiligen Situationen und Ihrer Verarbeitungsweisen möglichst klar zu erfassen. Es geht um Sie und nicht um einen – standardisierbaren – Fall, gerade auch wenn Sie Ihre Fälle in der Supervision besprechen und für sich klären möchten.
Ich versuche, Ihnen zu folgen, Sie und Ihr jeweiliges Außen zu verstehen und das mit meinem von außen kommenden Blick, mit meinem „Nicht-Eingebundensein“ in Ihren Arbeitszusammenhang und auch mit meiner langjährigen Erfahrung, meiner Achtsamkeit, meinem Einfühlungsvermögen und meiner Haltung, dass Sie am besten wissen, welche Art „Lösung“ am besten zu Ihnen passt!
Ich folge Ihnen und strukturiere eher behutsam und manches Mal eher aus dem Hintergrund. Wichtig ist mir nicht nur das Reden über das, was Sie beschäftigt, sondern auch das Hier und Jetzt: Wie Sie (Mehrzahl) im Augenblick darüber reden, wie es Ihnen in diesem Moment geht, wenn sie jetzt darüber reden….
Behutsamkeit ist mir auch in anderer Hinsicht wichtig. Supervision ist ein geschützter Raum, in der Sie die Möglichkeit erhalten, das zu klären, was für Ihre Arbeit, für Sie wichtig ist und zu deren Klärung Sie im Rahmen Ihrer Arbeit nicht die hinreichende Gelegenheit haben. Nach der Supervision sind Sie wieder in Ihrem Arbeitsalltag, den Sie zu bewältigen haben und in dem Sie auch Zufriedenheit erfahren möchten. Supervision erfährt hierdurch Grenzen. Diese unumgängliche Rückkehr in den Arbeitsalltag und die eher knappe Zeit, die für eine Supervision festgelegt ist, erlauben nicht die Thematisierung von (berechtigten) Anliegen, die in dem vorhandenen Rahmen nicht bearbeitet werden können!
Ich habe mir irgendwann folgendes Bild zu eigen gemacht: Innerhalb einer Supervision können –sofern die Supervisand*innen es wollen und sofern es angebracht ist – nahezu ausschließlich rational die vorliegenden Themen bearbeitet werden. Die emotionale Beteiligung kann hinzukommen – sofern die Teilnehmer*innen es so wollen (und in vielen Fällen ist es geradezu unerlässlich). In manchen Tätigkeitsfeldern kann (und muss) diese emotionale Beteiligung sogar im Vordergrund stehen.
Es ist vielerorts zu lesen: Supervision ist ein Beratungsformat innerhalb und für die Arbeitswelt. Berufliche Rollen und Professionalität (verstanden als die Art und Weise, wie berufliche Tätigkeit „gemeinhin“, nach dem State of the arts - ausgeübt werden soll(t)en), sind damit Aspekte, die– je nach Auftrag – nicht unwichtig sind. Wichtig ist mir dabei – wiederum je nach Auftrag – wie Sie mit den Erwartungen und Standards, die an Sie gerichtet werden (und die Sie ggfs. an andere richten) „umgehen“ wie Sie in Ihrer Arbeit und in Ihrem Miteinander auf Arbeit Ihre jeweils eigene Balance zwischen den Profession und ihrer Persönlichkeit (Ihren spezifischen Eigenarten) bewerkstelligen (oder nicht – wobei die Nichterfüllung i.d.R. beruflicher Standards und Erwartungen eindeutige Konsequenzen nach sich ziehen wird – und Supervisor*innen haben die Aufgabe, in einer Ihnen zugewandten Art Sie ggfs. darauf aufmerksam zu machen).
Der Unterschied zwischen Rolle(n) und Persönlichkeit ist – so denke ich -wohl immer da. Die Persönlichkeit, die Eigenarten eines Menschen, seine Identität, sein Selbst wird durch die Rollen, die eine Person übernimmt oder auch übernehmen muss, beeinflusst und doch: Zunächst entwickeln Menschen ihre Persönlichkeit und übernehmen mit dieser (berufliche) Rollen, die sich manchmal rasch und grundlegend ändern. Zudem scheinen viele berufliche Rollen, nicht nur jene, die sich helfend, unterstützend oder in diesem Sinne beratend mit Menschen beschäftigen, nur dann erfolgreich zu gestalten, wenn eben die Persönlichkeit, ggfs. in Form der jedem eigenen Habitus (Plural), eingebracht wird. Mit anderen Worten: In vielen beruflichen Feldern sind diffuse Beziehungsgestaltungen („von Mensch zu Mensch“) unumgänglich, was eben auch mit einer besonderen Verletzbarkeit einhergeht.
Supervision ist ein Beratungsformat in und für die Arbeitswelt – so heißt es allenthalben und es klang schon an mehreren Stellen an. Dieser Ausdruck ist auch etwas ungenau, denn es wird nicht so sehr in den Blick genommen, dass es in dieser Interessen gibt, die in einem Spannungsverhältnis stehen. Einrichtungen in der Arbeitswelt, seien es Unternehmen oder andere Organisationen, verfolgen Organisationszwecke, die nicht - voll - deckungsgleich mit denen der Mitarbeiter*innen sind. Die Verantwortlichen für die Organisationszwecke denken – und handeln – vorrangig „systemisch“: Es geht um die Zwecke der Organisation, des Systems.
Dieses Spannungsverhältnis ist auch in der Supervision – in mehrfacher Hinsicht – da. Mittlerweile räumen viele Organisationen ihren Mitgliedern, ihren Teams, die Möglichkeit zur Supervision ein, damit sie für sich Klärung schaffen können, damit sie sich entlasten, damit sie entlastet werden, damit sie weiterhin gut und professionell im Sinne der Organisation arbeiten, usw. Und dieser Sinn kann anders sein als der Sinn der Supervisand*innen.
Das Spannungsverhältnis kann nicht aufgelöst werden, jedoch in lebbare Formen gebracht werden. Für Supervisand*innen geht es – so meine Erfahrung – immer auch um eine konkrete Form von kreativer Anpassung/Umgestaltung.